Leben die Universitäten im Elfenbeinturm oder verstehen sie sich gar als verlängerter Arm der Wirtschaft?
Mit rund 7700 eingeschriebenen Studierenden für das Herbstsemester 2013, über 80 Professorinnen und Professoren sowie fast 500 Dozierenden und Forschenden, gesamthaft rund 2600 Mitarbeitenden und einem konsolidierten Aufwand von über 208 Millionen Franken ist die Universität St.Gallen nicht nur eine international bedeutende Bildungs- und Forschungsinstitution, sondern auch ein gewichtiger volkswirtschaftlicher Faktor und einer der grössten Arbeitgeber im Kanton St.Gallen.

HSG soll mehr finanzielle Autonomie erhalten
Leben die Universitäten im Elfenbeinturm oder verstehen sie sich gar als verlängerter Arm der Wirtschaft? Weder noch, wie das Jahresmediengespräch der Universität St.Gallen (HSG) zeigt. Um bei sinkenden Beiträgen der öffentlichen Hand im zunehmenden internationalen Bildungswettbewerb bestehen zu können, sollen dank einer mehrjährigen Leistungsvereinbarung mit dem Kanton das unternehmerische Engagement und die Autonomie der HSG gestärkt werden. Nicht zur Disposition steht dabei die Freiheit von Lehre und Forschung als zentrales Gut der Wissenschaft.
Mit rund 7700 eingeschriebenen Studierenden für das Herbstsemester 2013, über 80 Professorinnen und Professoren sowie fast 500 Dozierenden und Forschenden, gesamthaft rund 2600 Mitarbeitenden und einem konsolidierten Aufwand von über 208 Millionen Franken ist die Universität St.Gallen nicht nur eine international bedeutende Bildungs- und Forschungsinstitution, sondern auch ein gewichtiger volkswirtschaftlicher Faktor und einer der grössten Arbeitgeber im Kanton St.Gallen.
Im Rahmen ihres Jahresmediengesprächs zum Auftakt des Herbstsemesters stellte die Hochschullei-tung daher die heutige und künftige Finanzierung der Universität und ? auch vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte über die Finanzierungsformen von Lehre und Forschung ? die Rolle der For-schung in den Mittelpunkt.
Bewährtes Finanzierungsmodell
Rektor Thomas Bieger zeigte auf, wie die HSG derzeit finanziert ist: Die Universität weist einen kon-solidierten Aufwand von 208,3 Millionen Franken aus. Dieser setzt sich aus der öffentlichen Grundfi-nanzierung und der Selbstfinanzierung inklusive Studiengebühren zusammen. Die öffentliche Grund-finanzierung von rund 50 Prozent besteht aus dem Trägerbeitrag des Kantons St.Gallen, Beiträgen der Herkunftskantone der Studierenden sowie Mitteln des Bundes. Die Gelder der öffentlichen Hand sind als solide und verlässliche Finanzierung eine unverzichtbare Grundlage für die Universität.
Ergänzend zur öffentlichen Grundfinanzierung erwirtschaftet die HSG in der Selbstfinanzierung (Er-träge aus der Weiterbildung, Forschungskooperationen und Transferforschung, Dienstleistungsauf-träge, Forschungsprogramme, Spenden, Mitgliederbeiträge von Fördervereinen sowie Sponsoring) beträchtliche Mittel, die zusammen mit den Studiengebühren rund 50 Prozent der benötigten Gelder ausmachen. Damit werde nicht nur das Budget des Kantons entlastet, sondern es werde eine Qualität in Forschung und Lehre erreicht, die erst die überregionale Ausstrahlung sowie die beträchtlichen wirtschaftlichen Effekte für die Region und den Kanton St.Gallen ermöglichten, sagte Bieger.
Das Universitätsgesetz ermöglicht es der Universität St.Gallen, sich ergänzend zur öffentlichen Grundfinanzierung und den Studiengebühren selbst zu finanzieren. Die Universität St.Gallen ist sich bewusst, dass die Zusammenarbeit mit Sponsoren und Unternehmen so zu erfolgen hat, dass die aka-demischen Freiheiten von Lehre und Forschung nicht tangiert werden. Sie legt deshalb Wert auf prä-zise Spielregeln und vertragliche Regelungen, welche insbesondere folgende zentrale Grundsätze sicherstellen:
- Wahrung der Freiheit von Lehre und Forschung
- Verbindlichkeit der HSG-Standards für Lehrinhalte und Lehrplanung
- Einhaltung der internationalen Standards und der HSG-Regeln für die Berufung und Anstellung von Forschenden und Lehrenden
Die HSG mit ihrem hohen Anteil der Selbstfinanzierung wolle auch im Bereich der Transparenz Vor-reiter sein, sagte Bieger. Deshalb habe man im aktuellen Jahresbericht einen Schwerpunkt auf die Dar-stellung der Finanzierungsstruktur und der damit verbundenen Grundsätze gelegt. Die HSG plant zudem weitere Schritte zu einer transparenteren Darstellung der Selbstfinanzierung. Entsprechend befasst sich auch die Klausur des Senats noch im September mit dem Thema Transparenz.
Pauschalkürzungen des Staatsbeitrags
Wie die Universität sich vor dem Hintergrund sinkender Staatsbeiträge zukunftsfähig finanzieren und dabei ihre Position als führende europäische Wirtschaftsuniversität halten soll, führte Bildungsdirek-tor und Universitätsratspräsident Stefan Kölliker aus. Die HSG habe mit jährlich über 9 Millionen Franken gegenüber dem universitätsinternen Finanzplan einen wesentlichen Beitrag zu den kantona-len Sparpaketen I und II geleistet. Dieser Beitrag habe nur durch einen reduzierten Aufbau der aka-demischen Stellen, durch eine Erhöhung der Studiengebühren und das Einfrieren des Budgets der Verwaltung realisiert werden können. Ausserdem seien im Entlastungsprogramm 2013 für die Jahre 2014 und 2015 Pauschalkürzungen des Staatsbeitrages an die HSG von je 2 Millionen Franken sowie für 2016 von 3,5 Millionen Franken vorgesehen.
Mehr Handlungsspielraum Im Rahmen des Entlastungsprogramms 2013 habe die Regierung für ihre Hochschulen (HSG, Päda-gogische Hochschule und Fachhochschulen) die «Einführung mehrjähriger Leistungsvereinbarungen mit verbindlichen Staatsbeiträgen und gleichzeitige Erhöhung der Autonomie» vorgeschlagen. Mit der Einführung mehrjähriger Leistungsvereinbarungen sei die Erwartung verbunden, dass die Hoch-schulen noch stärker als heute finanzielle Verantwortung übernähmen, sagte der Regierungspräsi-dent. Durch eine erhöhte Autonomie sollen sie befähigt werden, verstärkt unternehmerisch zu han-deln. Die Chance, Überschüsse dem Eigenkapital zuzuweisen, und das Risiko, Fehlbeträge aus dem Eigenkapital decken zu müssen, fördere einerseits den haushälterischen Umgang mit vorhandenen (staatlichen) Mitteln und begünstige andererseits die Suche nach zusätzlichen Geldern von Dritten. Privatpersonen oder die Wirtschaft seien eher bereit, Gelder zur Verfügung zu stellen, wenn sie Ge-währ hätten, dass ihre Zuwendungen tatsächlich der Lehre oder Forschung an der Hochschule zu-gutekommen und nicht die Reduktion der öffentlichen Beiträge kompensieren würden.
Anpassung der Rechtsgrundlage Der Kantonsrat hat das Entlastungsprogramm 2013 im Rahmen von zwei Sondersessionen beraten und dort die Einführung mehrjähriger Leistungsvereinbarungen mit verbindlichen Staatsbeiträgen und gleichzeitiger Erhöhung der Autonomie für die Hochschulen in Aussicht genommen. In den nächsten Monaten soll gemäss Kölliker dazu eine entsprechende Botschaft der Regierung und ein Entwurf zur Änderung des Universitätsgesetzes vorbereitet werden. Noch im Verlauf des Jahres 2014 sollen Botschaft und Entwurf der Gesetzesänderung im Kantonsrat beraten werden. Eine Einführung ist auf den 1. Januar 2015 geplant, spätestens aber auf Anfang 2016 vorgesehen.
Keine weiteren Sparmassnahmen
Konkret gehe die Universität davon aus, dass mittelfristig durch erhöhte Effizienz sowie durchzusätz-liche Dienstleistungen und neue Angebote der gesamthaft tiefere Beitrag des Kantons St.Gallen kom-pensiert werden könne, führte Rektor Bieger aus. «Weil weitere Sparmassnahmen nicht umsetzbar sind, werden in 2014 und 2015 die Lücken von je 2 Millionen Franken durch Reservebezüge gedeckt. Dies ist jedoch nicht über mehrere Jahre möglich, entsprechend müssen ab 2016 die positiven Effekte der Autonomie greifen können.»
Ein wichtiges Element im Konzept einer erhöhten finanziellen Autonomie spielt das international weit verbreitete Fundraising. Zu diesem Zweck ist bereits im vergangenen akademischen Jahr mit der Umwandlung der bestehenden Stiftung HSG Alumni in die HSG Stiftung ein notwendiges Instrument geschaffen worden.
Grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung
«Die HSG betreibt Grundlagenforschung auf einem sehr hohen Niveau», sagte Torsten Tomczak, der als Prorektor Forschung Einblick in Rolle und künftige Entwicklung der Forschung an der HSG gab.
So wurde etwa die betriebswirtschaftliche Fakultät der HSG in 2012 vom deutschen Handelsblatt als forschungsstärkste Fakultät des deutschsprachigen Raums ausgezeichnet.
Traditionell ist die HSG-Forschung durch eine sehr hohe Praxisorientierung geprägt. So wurden in jüngerer Vergangenheit an der HSG zahlreiche sogenannte «Labs» gegründet, die den Rahmen für die Zusammenarbeit von HSG-Forschenden mit bedeutenden Industrieunternehmen bilden. «Diese Labs ermöglichen es der HSG, richtungsweisende Grundlagenforschung zu finanzieren und mit hohem Anwendungsbezug zu kombinieren. Derartige Kooperationen bestehen unter anderem mit Unter-nehmen wie Bosch, BMW, der SBB, SAP oder Hilti», sagte Tomczak.
Eine Zusammenarbeit mit Sponsoren müsse jedoch gut und klar geregelt sein, betonte auch Tomczak. «Die HSG legt Wert auf präzise Spielregeln. Die Freiheit von Forschung und Lehre muss vollumfäng-lich garantiert sein. Die HSG hat auch schon Sponsoring- oder Kooperations-Angebote aus der Pri-vatwirtschaft abgelehnt, weil sie die Freiheit der Forschung gefährdet sah.»
Um aber auch in Zukunft als eine der führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas wahrgenommen zu werden, benötigt die Universität auch global Anerkennung für ihre Forschung. Dies verlange nicht nur die wissenschaftliche Gemeinschaft, sondern auch die Praxis, sagte Tomczak. Dies seien Grossun-ternehmen und KMU, die sowohl durch hervorragend ausgebildete Studierende als auch durch neus-te Forschungserkenntnisse unterstützt werden wollten, wenn sie sich dem weltweiten Wettbewerb stellten – sei es in China oder im heimischen Markt.
Die Forschung der HSG sei zwar bereits heute in einigen Feldern international sehr gut positioniert. Diese Entwicklung zu verstärken, stelle jedoch eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre dar.
Erfreuliche Ranking-Resultate
Neben der Forschungs- und Finanzierungsthematik gab Rektor Thomas Bieger auch einen kurzen Überblick über Erreichtes und Zukünftiges im Rahmen der Vision 2020.
Im Bereich der Lehre wurde erstmalig der Master in Unternehmensführung durchgeführt. Im Herbst-semester 2013 startet neben dem zweisprachigen Assessment (Deutsch oder Englisch) der Master in International Law, der erste rechtswissenschaftliche Bologna-Master der Schweiz in englischer Spra-che. Und auch in der Weiterbildung wird nach dem MBA erstmals auch der Executive MBA auf Eng-lisch angeboten.
Die Anstrengungen in allen Bereichen der Universität wurden belohnt durch Erfolge in den Rankings und in den Akkreditierungen. So schaffte die HSG im renommierten «European Business School Ran-king» der «Financial Times» mit dem 7. Rang zum ersten Mal den Sprung unter die Top Ten. Zudem erhielt sie durch EQUIS die volle Reakkreditierung und ist damit die einzige öffentliche Universität der Schweiz, die dieses hoch eingestufte internationale Gütesiegel für fünf Jahre erhalten hat.
Verbesserung der Raumsituation
Im vergangen Jahr konnten auch im Hinblick auf die beiden grössten Anliegen der Studierenden, die Betreuungsverhältnisse und die Raumsituation, wesentliche Fortschritte erzielt werden. Mit der Be-setzung von elf neuen Professuren und einiger neuer Dozenturen konnten die Betreuungsverhältnisse stabilisiert werden.
Ebenso wichtig für die Studierenden sind Verbesserungen bei der Raumsituation. Dank dem Kauf der Liegenschaft an der Tellstrasse 2 durch die HSG Stiftung und dem nun im Bau befindlichen Lehr-raumprovisorium auf dem Campus kann nun die derzeit für 5500 Studierende ausgelegte Infrastruk-
tur auf rund 7000 Studierende aufgestockt werden. Dies ist aber nur eine mittelfristige Lösung, da diese Bauten das künftige Wachstum nicht abdecken, das neue Provisorium auf dem Campus nur eine zehnjährige Bewilligung hat und die HSG pro Student im Vergleich zu anderen Hochschulen immer noch zu wenig Fläche bietet. Die Universität sei daher dankbar, dass unter der Federführung des kan-tonalen Baudepartements in Zusammenarbeit mit dem Bildungsdepartement die Planungsarbeiten für die notwendige Erweiterung bis ins Jahr 2022 in Gang seien, sagte Bieger.
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Universität
Universität St.Gallen (HSG)
Internationalität, Praxisnähe und eine integrative Sicht zeichnen die Ausbildung an der Universität St.Gallen (HSG) seit ihrer Gründung im Jahr 1898 aus. Heute bildet die HSG rund 7300 Studierende aus 80 Nationen in Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Inter-national Affairs aus. Mit Erfolg: Die HSG gehört zu den führenden Wirtschaftsuniversitäten Europas. Im European Business School Ranking der «Financial Times» 2012 belegt die HSG den Platz 7. Für ihre ganzheitliche Ausbildung auf höchstem akademischem Niveau erhielt sie mit der EQUIS- und AACSB-Akkreditierung internationale Gütesiegel. Studienabschlüsse sind auf Bachelor-, Master- und Doktorats- bzw. Ph.D.-Stufe möglich. Zudem bietet die HSG erstklassige und umfassende Angebote zur Weiterbildung an. Kristallisationspunkte der Forschung an der HSG sind ihre 41 Institute, For-schungsstellen und Centers, welche einen integralen Teil der Universität bilden. Die weitgehend au-tonom organisierten Institute finanzieren sich zu einem grossen Teil selbst, sind aber dennoch eng mit dem Universitätsbetrieb verbunden.
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FINANCIAL TIMES RANKING |
HSG in the top ten for the first time |
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